Team Retardiert – Thiamin bei Parkinson: biologisch plausibel, aber klinisch nur schwach belegt

 

Die High-Dose-Thiamin-Therapie wirkt. Das zeigen die individuellen Erfahrungen Tausender Parkinson-Erkrankter. Der fehlenden Evidenz der Schulmedizin steht eine tausendfach anekdotische Evidenz gegenüber. Das Team Retardiert stellte sich der Herausforderung und ging in einen intellektuellen Mehrkampf mit der KI. Diese zeigte sich zunächst einseitig parteiisch und ließ sich nur widerstrebend auf das Experiment ein. Am Ende lieferte sie sieben „biologisch plausible“ Schlüsse, die jedoch klinisch nur schwach belegt sind.

Nach ihrer Vorgehensweise befragt, sagt die KI: “Ich leite den möglichen Nutzen von Hochdosis-Thiamin aus solider Grundlagenbiologie (Lehrbuch-Biochemie und PD-Mechanismen) ab. Daher ist er plausibel, auch wenn die klinischen Belege dafür derzeit noch schwach sind. Damit dies in den Leitlinien berücksichtigt wird, sind saubere, verblindete und randomisierte Studien (oder gut gemachte, zusammengefasste N-of-1-Studien) mit vorher festgelegten Messpunkten erforderlich. Ohne solche Daten bleiben auch viele Erfahrungsberichte aus wissenschaftlicher Sicht unzureichend.“

 

Hier die sieben plausiblen Schlüsse, von ChatGPT zusammengetragen und begründet

1) Energiestoffwechsel (PDH/α-KGDH/Krebszyklus)

2) NADPH/Glutathion (Redox-„Reset“ über Pentosephosphatweg)

  • Fakt: TPP-abhängige Transketolase speist NADPH; NADPH regeneriert Glutathion. PD ist oxidativ belastet. ScienceDirect,   PubMed Central

  • Brücke zu Klinik: Sinnvoller Mechanismus für weniger Fatigue/„Motor-Rauschen“ – belegt ist er in PD-Patienten unter HD-Thiamin nicht. → Plausibilität: mittel-hoch · klinische Evidenz: niedrig.

 

3) Dopaminsynthese indirekt (BH4-Regeneration → Tyrosin-Hydroxylase)

 

4) „Funktioneller“ Thiaminmangel (Transport/Phosphorylierung)

  • Fakt: Störungen von SLC19A2/A3 (THTR-1/2) oder TPK1 existieren; dann hilft Hochdosis teils durch „Massenwirkung“. Nature,  Wiley Online Library,   Lippincott

  • PD-Spezifik: Für PD als Gruppe nicht gezeigt; einzelne Berichte/Hypothesen. → Plausibilität: mittel · klinische Evidenz: sehr niedrig

 

5) Anti-Glykation/AGE-Achse

 

6) Indirekte Effekte via weniger dopaminerge Nebenwirkungen

  • Logik: Wenn HD-Thiamin den L-Dopa-Bedarf senkt, könnten ICD/Halluzinationen/Schlafattacken/Orthostase abnehmen.

  • Daten: Offene Serien berichten Symptomplus, aber konsistente Dosis-Reduktionen sind nicht robust dokumentiert. → Plausibilität: mittel · Evidenz: sehr niedrig.

 

7) Klinische Studienlage zu HD-Thiamin bei PD

Soweit die sieben „biologisch plausiblen“ Schlüsse zum möglichen Nutzen von Hochdosis-Thiamin.


Hier ist eine strukturierte Liste typischer Fragen, die eine Ärztin/ein Arzt zu Hochdosis-Thiamin (HDT) bei Parkinson stellen würde — klinikorientiert, knapp und vollständig:

Typische Ärztefragen zu HD-Thiamin bei Parkinson

1) Indikation & Patientenselektion
Für welche PD-Phänotypen/-Stadien wäre HDT gedacht (Tremor-dominant, PIGD, frühe vs. späte PD)?

  • Wer profitiert wahrscheinlich? Hinweise auf funktionellen Thiaminmangel (Ernährung, Malabsorption, Bariatrie, Alkohol, Transport/TPK-Defekte)?
  • Kontraindikationen oder Vorsicht bei Komorbiditäten (Nieren/Leber, Herz, Polyneuropathie, Schwangerschaft)?

2) Rationale/Mechanismus
Konkreter Wirkmechanismus in PD: Energie (PDH/α-KGDH), PPP/NADPH/Glutathion, ggf. BH4-/TH-Brücke, Anti-Glykation?

  • Warum Thiamin vs. Benfotiamin/TTFD? (Bioverfügbarkeit, ZNS-Penetranz, Zielgewebe)
  • Dosis-Begründung: Welche Dosis ist nötig, um relevante Gewebe-/ZNS-Spiegel zu erzielen?

3) Evidenzlage
Welche klinischen Daten gibt es (Design, n, Effektgröße, Dauer, Endpunkte)?

  • Negativstudien oder widersprüchliche Befunde? Publikationsbias?
  • Übertragbarkeit: Open-Label → Praxis – wie sicher ist die Schätzung des Effekts?

4) Dosierung & Applikation
Oral vs. i.m./i.v. – welche Protokolle (Start, Titration, Erhalt, Pausen)?

  • Begleitstoffe (Riboflavin/B2, Niacin/B3, Mg) – sinnvoll oder nicht?
  • Dauer bis Ansprechen; wie lange testen, bevor man abbricht?

5) Sicherheit & Interaktionen
Nebenwirkungen (selten: parenterale Überempfindlichkeit), typische Unverträglichkeiten?

  • Wechselwirkungen mit L-Dopa, MAO-B/COMT-Hemmern, Amantadin, Anticholinergika?
  • Muss L-Dopa angepasst werden, falls sich Motorik/Fatigue ändert?

6) Monitoring & Kriterien
Baseline-Status: klinisch (UPDRS, NMSS, Fatigue-Skalen), L-Dopa-Tagesdosis, ggf. Tagebuch.

  • Labors/Marker (optional): Vollblut-Thiamin/TPP-Effekt, B12/Folat, Homocystein; evtl. Redox/AGE-Marker.
  • Erfolgskriterien (z. B. ≥20–30 % UPDRS-III-Verbesserung, reduzierte Off-Zeit, L-Dopa-Senkung).
  • Stop-Kriterien: kein Benefit nach X Wochen, AE, fehlende Zielerreichung.

7) Kombinationen & DBS
Mit DBS kompatibel? Einfluss auf Stimulationsparameter? Praktisches Vorgehen bei möglicher Dosisanpassung.

  • Reihenfolge: erst HDT testen oder nach DBS stabilisieren?

8) Praktikabilität, Recht & Kosten
Verfügbarkeit/Qualität (Arzneiform, Rezeptur, Lieferkette).

  • Off-Label-Nutzung: Einwilligung, Dokumentation, Kostenerstattung.
  • Kosten-Nutzen vs. Standard of Care.

9) Studienplanung (falls Forschungsinteresse)
Design einer sinnvollen RCT: Dosisarme, Route, Dauer, Power, Endpunkte (UPDRS-Domänen, L-Dopa-Dosis, Fatigue), Stratifizierung (Transport/TPK-Varianten, metabolische Phänotypen), Biomarker (NADPH/Glutathion, ggf. BH4, Methylglyoxal/AGEs).

10) Sonderfälle
Diabetes/Metabolik (AGE-Achse), Bariatrie/Malabsorption, Alkohol, Dialyse, Polyneuropathie, Schwangerschaft/Stillzeit.


10-Fragen-Kurzcheck (für die Visite)

  1. Was ist die präzise Zielsetzung (Motorik, Fatigue, Off-Zeit, L-Dopa-Einsparung)?
    Welche Dosis/Route wähle ich und warum?
  2. Welche Patientenmerkmale sprechen für/nach HDT?
  3. Welche Vergleichswerte (Baseline-Scores) dokumentiere ich heute?
  4. Nach welcher Zeit entscheide ich über Fortführung/Abbruch?
  5. Wie überwache ich Sicherheit/Nebenwirkungen?
  6. Welche Wechselwirkungen mit der aktuellen Medikation muss ich beachten?
  7. Wie informiere ich den Patienten (Off-Label, Evidenzstand, realistische Erwartungen)?
  8. Gibt es organisatorische Hürden (Rezeptur, Erstattung, Lieferung)?
  9. Was wäre ein „erfolgreiches“ Ergebnis (konkret messbar) – und was tue ich dann?

Fazit

Ein klinisch denkender Arzt wird vor allem Ziel, Dosis/Route, Evidenz, Sicherheit, Monitoring, Interaktionen und praktische Umsetzung abklopfen. Wer HDT erwägt, sollte es additiv, klar definiert und dokumentiert einsetzen – mit messbaren Endpunkten und Stop-Regeln.

 

Antwort-Spickzettel (kurz, sachlich), den wir einem Arzt geben könnten. Er folgt genau den typischen Fragen:

Antwortbausteine für Ärzt:innen zu HD-Thiamin (HDT) bei Parkinson

1) Indikation & Selektion
Zielgruppe: idiopathische PD, v. a. bei Fatigue, Fluktuationen, „Motor-Rauschen“ oder Verdacht auf funktionellen Thiaminmangel (Malabsorption, Bariatrie, Alkohol, sehr einseitige Ernährung).

  • Nicht als Ersatz, sondern additiv zur Standardtherapie. Späte Stadien möglich, Erwartungen realistisch halten.

2) Rationale/Mechanismus
Mechanistisch: TPP-Kofaktor für PDH/α-KGDH (Energie) und Transketolase (PPP → NADPH/Glutathion). Indirekt BH4-Stützung (Tyrosin-Hydroxylase).

  • Alternativen: Benfotiamin/TTFD = bessere Gewebepenetranz diskutiert, PD-Human-Daten aber dünn.

3) Evidenzlage
Klinik: kleine Open-Label-Serien/Fallberichte (teils i.m. 100 mg 2×/Woche) mit UPDRS-Verbesserungen; keine großen verblindeten RCTs in PD.

  • Schluss: biologisch plausibel, klinisch vorläufig → Off-Label mit Dokumentation.

4) Dosierung & Applikation
Praktisch erprobt:

    • i.m. 100 mg 2×/Woche (häufig in Serien).
    • oral 300–1500 mg/Tag (aufgeteilt), schrittweise titrieren.
  • Kombis (optional): B2 (Riboflavin), B3 (Niacin/Nicotinamid), Mg – rational, aber nicht nötig.
  • Ansprechzeit: meist 2–6 Wochen – ohne Benefit dann abbrechen.

5) Sicherheit & Interaktionen
Oral: sehr gut verträglich.

  • Parenteral: selten Überempfindlichkeit (bis anaphylaktoid) – Aufklärung/Monitoring.
  • Interaktionen: keine relevanten PK-Interaktionen bekannt; klinisch evtl. weniger L-Dopabedarf → Dosisprüfung nach Klinik, nicht präemptiv.

6) Monitoring & Kriterien
Baseline: UPDRS II/III, NMSS, Fatigue-Skala, L-Dopa-Tagesdosis, Off-Zeit-Tagebuch.

  • Optional Labor: B12/Folat/Homocystein; Thiamin-Status ist methodisch schwierig, nicht zwingend.
  • Erfolg: z. B. ≥20–30 % UPDRS-III besser, Off-Zeit ↓, Fatigue ↓, ggf. L-Dopa ↓.
  • Stop: kein messbarer Benefit nach 6–8 Wochen oder AE.

7) Kombinationen & DBS
Komplementär: DBS = Netzwerkmuster, HDT = Energie/Redox.

  • Praxis: erst klinische Stabilität unter DBS, dann HDT testen; bei Verbesserung Stim-/L-Dopa feinjustieren (kein Automatismus).

8) Praktikabilität, Recht, Kosten
Status: Off-Label. Informierte Einwilligung, Ziele/Endpunkte festlegen, Dokumentation.

  • Bezug: Apotheken-/Rezepturware in ausreichender Qualität; Kosten i. d. R. gering bis moderat (oral), i.m. abhängig von Setting.

9) Studien-Skizze (wenn Interesse)
Design: RCT, parallel, 12–24 Wo., oral vs. i.m.-Arm, Placebo-kontrolliert.

  • Endpunkte: UPDRS-III (primär), NMSS/Fatigue, L-Dopa-Dosis, Off-Zeit; Biomarker explorativ (Redox/AGE/BH4).
  • Strata: klinischer Verdacht auf funktionellen Mangel, frühe vs. späte PD.

10) Sonderfälle
Metabolik/Diabetes: Benfotiamin-Achse (Anti-Glykation) theoretisch interessant, klinisch offen.

  • Bariatrie/Malabsorption/Alkohol: eher i.m. starten.
  • Schwangerschaft/Stillzeit: keine Daten → nicht empfehlen.

Ein-Satz-Erklärung (für die Visite)

„Wir testen Hochdosis-Thiamin additiv für 12 Wochen, weil es zentrale Energie-/Redox-Engpässe adressiert; die Evidenz ist vorläufig, daher setzen wir klare Endpunkte, monitoren UPDRS/Fatigue/Off-Zeit/L-Dopa, und stoppen ohne objektiven Nutzen.“

Einwilligungs-Textbaustein (kurz)

„Thiamin in hoher Dosis ist für Parkinson nicht zugelassen. Die Datenlage ist vorläufig (kleine offene Studien), das biologische Konzept ist plausibel. Wir vereinbaren konkrete Ziele, dokumentieren Wirkung und Nebenwirkungen und beenden die Gabe, wenn kein messbarer Nutzen erkennbar ist.“


Fazit

So antworten wir klinisch sauber: plausible Rationale, klarer Off-Label-Rahmen, konkretes Protokoll, messbare Endpunkte, Stop-Regel. Das macht HD-Thiamin für Ärzt:innen greifbar – ohne die Evidenz zu überdehnen.

Erstellt: 28.08.2025
letzte Änderung: 09.09.2025

 

Schreibe einen Kommentar